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05.05.2021

Landwirte wünschen sich mehr Anerkennung ihrer Leistungen

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„Die Land- und Forstwirtschaft ist ein Schwerpunkt unserer Politik. Bayern investiert mehr Geld als jemals zuvor in diesen Bereich. Das ist ein starkes Signal für eine zukunftsfähige Land- und Forstwirtschaft und vitale ländliche Räume in Bayern. Jetzt stehen wichtige politische Entscheidungen an, für die wir die Weichen gemeinsam richtig stellen müssen“, so die einleitenden Worte der Landtagsabgeordneten Sylvia Stierstorfer, die gemeinsam mit ihrem Bundestagskollegen Peter Aumer zu einem virtuellen Landwirtschaftsgespräch eingeladen hatte. Ehrengast war der stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten im Bayerischen Landtag und agrarpolitischer Sprecher der CSU-Landtagsfraktion Martin Schöffel, der zu allen Fragen Rede und Antwort stand. Planungssicherheit, gute Rahmenbedingungen und mehr Wertschätzung – um diese zentralen Anliegen drehte sich der rund dreistündige Diskussionsabend mit Vertreter*innen des Bayerischen Bauernverband so wie aus dem Bereich Land- und Forstwirtschaft, aus der Waldbauernschaft, von Behördenseite und aus der Jägerschaft aus der Region. „Wir stehen zu unseren Landwirten, denn wir wollen auch in Zukunft regional hergestellte Lebensmittel. Land- und Forstwirtschaft muss auch weiterhin Freude machen“, stellte Martin Schöffel gleich zu Beginn klar. „Die CSU will auch weiterhin ein verlässlicher Partner der Landwirte sein“, ergänzte MdB Peter Aumer.

Insektenschutz, Düngevorschriften, Tierwohlrichtlinien sowie eine zukunftsfähige Wald- und Klimastrategie gehören zu den aktuell größten Herausforderungen. „Wir Landwirte wollen mehr tun für Ökologie, Artenvielfalt und Gewässerschutz, es darf dabei jedoch nicht unsere Existenz gefährdet werden“, erklärte Bezirksbäuerin Rita Blümel gleich zu Beginn und spielte dabei auf die bevorstehende Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU an. Der Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) Johann Mayer betont, dass die Produktion von Nahrungsmitteln die Kernaufgabe der Landwirtschaft bleibe. Die neue GAP müsse neben den verstärkten Umweltzielen weiterhin in ausreichendem Maße zur Ernährungssicherheit und zur Einkommenssicherung landwirtschaftlicher Familienbetriebe beitragen, ergänzte BBV-Geschäftsführer Josef Wittmann. „Die Leistungen unserer bäuerlichen Familienbetriebe müssen entsprechend honoriert werden. „Dafür sind die Mittel der Gemeinsamen Agrarpolitik da. Ich freue mich, dass der Haushaltsansatz auf EU-Ebene auf dem bisherigen Niveau fortgeführt wird. Unser vordringliches Ziel in Bayern ist es, unsere Familienbetriebe zu stärken, zum Beispiel durch einen deutlichen Ausbau der Zuschläge auf die ersten Hektare“, sagte Martin Schöffel.

 

"Ein immer wiederkehrender Kritikpunkt in vielen Gesprächen mit Landwirten sind die vorgelegten Regelungen beim Insektenschutz. In meinen Augen funktioniert Insektenschutz nur mit den Bauern, nicht gegen sie", erklärte Peter Aumer. Landwirte schaffen vielerorts blühendes Grünland auf dem Acker oder Fruchtfolgen mit Verzicht auf Pflanzenschutzmittel. Die Beratungen zum Aktionsplan Insektenschutz haben ergeben, dass sich auf Bundesebene analog zu den bereits bestehenden bayerischen Regelungen das Verbot von Pflanzenschutzmitteln auf nationale Schutzgebiete beschränke, so Schöffel. In FFH-Gebieten dürfe es nicht zu Verboten im Ackerbau kommen, der Freistaat Bayern setze sich dafür ein, dass freiwillige Maßnahmen des kooperativen Naturschutzes über einen längeren Zeitraum als Alternative anerkannt werden und der Verzicht auf Pflanzenschutzmittel weiterhin freiwillig gefördert werden kann. „Besonders für Bayern war es wichtig, dass wir unsere am Runden Tisch Artenvielfalt gefundene Definitionen für Randstreifen entlang von Gewässern, unsere Definition von artenreichem Grünland und Streuobst weiter anwenden können. Die Anstrengungen haben sich also gelohnt, in Bayern einen eigenen, konstruktiven und kooperativen Weg zu gehen.“ Sylvia Stierstorfer ergänzte, dass in einer dreijährigen Beobachtungsphase bis Mitte 2024 evaluiert werden soll, wie erfolgreich der freiwillige Ansatz beim Verzicht auf Pflanzenschutzmittel bis dahin gewirkt habe. Ebenso sollen Tierwohl und Landwirtschaft künftig mehr im Einklang stehen. Konkret geht es dabei unter anderem darum, wie mehr Tierwohl finanziert und wie heimische Produkte mit höheren Tierwohlstandards besser vermarktet werden können. „Wir brauchen faire Erzeugerpreise und verlässliche Rahmenbedingungen für unsere Tierhalter“, so die Politiker. Der Anpassungsprozess der Nutztierhaltung erfordert ein Gesamtkonzept, das von der sogenannten Borchert Kommission ausgearbeitet wurde. Naturland-Präsident und Vorsitzender der Landesvereinigung für den ökologischen Landbau in Bayern e.V. (LVÖ) Hubert Heigl ist Mitglied der Kommission und  plädiert für eine europäische, verpflichtende Regelungen zur Haltungs- und Herkunftskennzeichnung von tierischen Lebensmitteln.

 

Probleme bereitet hingegen die Umsetzung der Düngemittelverordnung, die gegen die Stimmen Bayerns im Bundesrat beschlossen wurde. Die geregelte Gebietsabgrenzung ist für viele Betroffene unbefriedigend, insbesondere wenn die für Gemarkungen pauschal errechneten höheren Nitratwerte für den eigenen Betrieb nicht zutreffen oder wenn gute Messstellen in der Nähe nicht berücksichtigt wurden. Alle Gesprächsteilnehmer waren sich einig, dass es zu fairen und praxistauglichen Messungen kommen muss, die die realen Bedingungen auch objektiv widerspiegeln. Aus diesem Grund sei es wichtig, möglichst viele Messstellen zu melden, betonte Martin Schöffel. Hinzu komme laut Helmut Melchner, Leiter des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Regensburg, dass das Düngerecht für Landwirte kaum mehr zu überblicken sei. Peter Aumer und Sylvia Stierstorfer schlugen vor, bezüglich der Lage der Messstellen das Gespräch mit dem örtlichen Wasserwirtschaftsamt zu suchen.

 

Auch die neue EU-Biodiversitätsstrategie 2030 sowie die EU-Waldstrategie werden im Rahmen des Green Deals der EU zügig vorangetrieben. Grund zur Sorge für Ferdinand Graf von Drechsel, Gewinner des Deutschen Waldpreises 2019 in der Kategorie Waldbesitzer des Jahres und stellvertretendes Mitglied im Ausschuss des Bayerischen Waldbesitzerverbandes: „Die Regelungen können weitreichende Folgen für Landnutzer haben, weil Unterschutzstellung großflächiger Gebiete vorgesehen sind. Zehn Prozent der Landesfläche dürfen nicht mehr bewirtschaftet, bejagt oder befischt werden.“ Eine der möglichen Folgen wäre die Vernichtung des Nadelwaldes durch übermäßigen Borkenkäferbefall, warnt Graf von Drechsel. Zudem stehe die Existenz vieler Familienbetriebe auf dem Spiel. Die Politiker sagten ihre volle Unterstützung zu. „Dieser Irrsinn muss auf allen Ebenen verhindert werden“, sagte Schöffel dazu. Aus Bayerischer Sicht sei für ihn klar, dass auch künftig im Wald in Bayern eine grundsätzliche Bewirtschaftung möglich bleiben solle, weil diese wesentlich zur Kohlenstoffbindung und zum Erhalt der bestehenden Biodiversität beitrage.

 

Eindringlich um Unterstützung bat Sylvia Stierstorfer ihren Kollegen Martin Schöffel bei der Feldbewässerung und bei der Verhinderung der Flutpolder im östlichen Landkreis Regensburg. Die Abgeordnete bezeichnete das Verfahren als „Endlosschleife“. Die Ergebnisse der vertieften Untersuchungen sollten laut dem zuständigen Umweltministerium bereits Ende letzten Jahres vorliegen. „Seither habe ich beim Umweltminister mehrfach nachgehakt, um zumindest ein Zwischenergebnis zu erhalten, das mir leider bis dato noch nicht vorliegt. Ich werde mich natürlich weiterhin vehement dafür einsetzen, die Flutpolder zu verhindern. Die Projekte, die dem östlichen Landkreis mit Polder, Stromtrasse und Steinbruch zugemutet werden, sind einfach zu viel,“ so Stierstorfer. Ebenso warben Stierstorfer und Aumer für eine gute Lösung zwischen den Positionen der Waldbesitzer und der Jäger bei der Novelle des Bundesjagdgesetzes. Dazu hatten sich die Abgeordneten erst kürzlich unter anderem mit dem Vorsitzenden des Bezirksjagdverbandes Gerhard Schmautz ausgetauscht.